Erschienen am 23.11.2022

Autorin: Antonia Weishäupl

 

 

2021 Rotkehlchen, 2023 Braunkehlchen, 2025 Schwarzkehlchen?“,

 

dachte ich mir zumindest, als ich auf der Website des Naturschutzbundes Deutschland, kurz NABU, den Artikel zu dem Vogel des Jahres las. Denn die Deutschen haben wieder gewählt! Nein, diesmal nichts Politisches. Deutschland, oder zumindest die stolze Zahl von knapp 135.000 Bürger, wählte den Vogel des Jahres 2023. Die Wahl fiel auf das Braunkehlchen, das somit in die Fußstapfen des Wiedehopfs (V. d. J. 2022), seines Verwandten, dem Rotkehlchen (V. d. J. 2021), und vieler anderer Vögel tritt. Das Braunkehlchen gewinnt nicht zum ersten Mal den Titel, denn bereits im Jahr 1987 wurde es zum Sieger gekürt. Bevor ich die fünf zur Wahl gestandenen Vögel genauer unter die Lupe nehme, gibt’s gleich noch mal ein paar allgemeine Infos zur Wahl.

Allgemeine Informationen:

  • seit 1971;

  • dritte Onlineabstimmung in ganz Deutschland;

  • 2022 weniger Wahlbeteiligung als letztes Jahr (ca. 8000 Stimmen weniger!);

  • zuletzt 135.000 abgegebene Stimmen, davon mehr als ein Drittel für den Gewinner;

  • Bekanntgabe am 27.10.2022;

  • 1. Januar – Abdanken des Wiedehopfs als „Vogel des Jahres 2022“

 

Und hier noch die Platzierungstabelle:

 

Name

Stimmen

Prozentanteil

  1. Platz

Braunkehlchen

58.609

43,5 %

  1. Platz

Feldsperling

24.292

18,0 %

  1. Platz

Neuntöter

22.059

16,4 %

  1. Platz

Trauerschnäpper

21.062

15,6 %

  1. Platz

Teichhuhn

8.797

6,5 %

 

Doch wer sind diese Vögel überhaupt? Wie leben sie? Warum oder wodurch sind sie gefährdet? Hier stellen sich die Kandidaten kurz „selbst“ vor.

 

Der Sieger

Hallo Freunde, ich bin´s, das Braunkehlchen. Mein wissenschaftlicher Name lautet Saxicola rubetra. Wie ihr sicher schon alle wisst, wurde ich zum „Vogel des Jahres 2023“ gewählt. Was für eine Ehre. Aber das ist ja auch kein Wunder, denn ich bin, wie ich finde, mit meiner orangenen Brust und Kehle, dem hellen Streifen über den Augen und meinem braungefleckten Federkleid äußerst hübsch. Ich bin außerdem ziemlich sportlich, denn ich bin ein Zugvogel und fliege im Frühling nach Deutschland. Das sind über 5000 Kilometer. Damit mir die Federn nicht erfrieren, fliege ich im Herbst in mein Winterquartier nach Afrika zurück. Wer schön und sportlich sein will, braucht eine ausgewogene Ernährung. So eine habe ich auch. Ich ernähr mich nämlich von Insekten, Würmern und von Beeren. So werde ich ca. 12 bis 14 cm groß. Wer sich von meiner Schönheit und Vollkommenheit überzeugen will, soll mich am besten von April bis September in Bodennestern am Wald- und Feldrand suchen. Leider gibt es allerorts immer weniger davon, die Wohnungssuche ist manchmal ziemlich schwierig. In Deutschland bin ich stark gefährdet. Sicher auch ein Grund, warum ich gekürt wurde!" 


Der Wiederholungstäter

Hallo verehrte Leserinnen und Leser! Ich freue mich, Ihnen heute von mir, dem Feldsperling, erzählen zu dürfen. Also, zuerst muss ich da mal was klären. Ja, es stimmt, dass ich Wiederholungstäter bin. Denn schon letztes Jahr habe ich mich um den Titel beworben. Ich bin zwar leider nur Vierter geworden, aber vielleicht schaff ich es ja nächstes Jahr. Es gäbe übrigens schönere Namen für mich als „Wiederholungstäter“. Passer montanus zum Beispiel. Das ist mein wissenschaftlicher Name. Aber was soll´s? Ich bin ja nicht so arrogant wie das Braunkehlchen. Auf mein bräunliches Rückengefieder aber bin ich, genau wie auf meine weißen Wangen, sehr stolz. Ich ernähre mich hauptsächlich von Samen, wie die von Getreiden. Wer mich besuchen will, kann mich ganzjährig im ländlichen Raum finden. Ich bin nämlich kein Zugvogel, ganz im Gegenteil zu meinen nordeuropäischen Verwandten, die im Winter ans Mittelmeer fliegen. Am wohlsten fühle ich mich aber in kleinen Gruppierungen. Zum Glück bin ich in Deutschland noch nicht gefährdet, aber auf der sog. „Vorwarnliste“. Ich hoffe ja sehr, dass ich Ihnen jetzt sympathisch bin und Sie mich nächstes Jahr zum „Vogel des Jahres 2024“ wählen!“

 

Der Spießer

Welcher Idiot denkt sich denn hier die Überschriften aus? Ich wollte euch einfach mal ein Interview geben, da muss ich mich schon wieder ärgern! Ich heiße nicht „Spießer“, sondern Neuntöter. Wer jetzt auch noch wissen will, wie mich die Wissenschaftler nennen, dem kann ich sagen, dass mich das nicht die Bohne interessiert, wie mich die Hohlköpfe nennen. Aber ich glaube, das war irgendwas wie Lanius collurio. Ziemlich albern, wenn ihr mich fragt. Eigentlich ist das mit dem Spießer übrigens gar nicht so falsch, denn ich spieße meine Beute wie Insekten oder kleine Eidechsen und Schlangen auf Dornen auf, um sie als spätere Snacks aufzuheben. Eigentlich ist mir das mit dem „Vogel des irgendwas“ ja ziemlich egal, aber das ist eine prima Gelegenheit, euch mal zu erklären, wer im Reich der Vögel der King ist. Ich werde bis zu 17 cm groß und das Aussehen bei Männchen und Weibchen ist verschieden. Am liebsten lebe ich in Dornenbüschen. Zugvögel machen sich ja im Herbst auf den Weg Richtung Süden. In die Tropen. Aber wer mich sehen will, der muss pünktlich sein, denn ich trete die Reise auf die Südhalbkugel bereits im August an. Denn wie man ja so schön sagt: Der frühe Vogel fängt den Wurm, um ihn aufzuspießen! Ich komme dann erst im Mai wieder zurück. Zum Glück bin ich nicht gefährdet und jetzt verzieht euch, denn ich muss nun in aller Ruhe Nahrung aufspießen.“


Der Traurige

Seid gegrüßt allerseits!“ Es ist mir eine große Ehre, euch über meinen bescheidenen Lebensstil berichten zu dürfen. Ich bin Ficedula hypoleuca, im Volksmund werde ich auch als Trauerschnäpper bezeichnet. Zuerst mal möchte ich sagen, dass diese Überschrift äußerst gut zu mir passt, denn im Moment bin ich richtig traurig! Stellt euch vor! Ich habe nur rund 21.000 Stimmen bekommen! Das bringt Schande über die Trauerschnäpper! Meine Wenigkeit muss etwas bekannter werden! Fangen wir doch gleich mal an. Wie beim Neuntöter haben Männchen und Weibchen verschiedene Gefieder. Wir verspeisen Schnecken sowie Spinnen und, wenn es uns danach ist, auch Beeren. Wir bewohnen Parks, Mischwälder und Gärten. Jedoch sind wir wegen fehlender Bruthöhlen und wegen Nahrungsmangels sowie wegen Pestizideinsatzes bedroht. Von unserer Wenigkeit gibt es nur noch 68.000 bis 130.000 Brutpaare. Wer uns einen Besuch abstatten will, um unser bescheidenes Leben erklärt zu bekommen, der muss von Mai bis August kommen, denn den Rest des Jahres verbringen wir südlich der Sahara. Ich finde übrigens, dass wir ein viel besserer Sieger gewesen wären. Wir sind schließlich bedroht! Aber werden wir mal nicht überheblich und geben uns mit dem vierten Platz zufrieden. Schließlich werden die Letzten die Ersten sein.“


Das Kuckucksei

Also ich check ja grad gar nix! Wofür interviewen Sie mich eigentlich? Und was hat das mit dem „Vogel des irgendwas“ auf sich? Hab ich gewonnen? Was? Nur 5. Platz? Egal! Mich interessiert das ja eh nicht. Ich bleib mal in meinem Teich. Ich bin nämlich das Teichhuhn. So Verrückte nennen mich auch Gallinula chloropus. Eigentlich bin ich ja ein Huhn. Also bin ich wie ein Kuckucksei. Die legen ihre Eier auch in fremde Nester. Und ich bin ein Huhn bei einem Vogelwettbewerb. Aber irgendwie bin ich auch ein Vogel! Ach, egal! Dann erzähle ich euch doch was über uns Teichhühner. Wir haben einen olivschimmernden Rücken und einen auffälligen roten Schnabel. Außerdem werden wir 27 bis 31 cm groß. Wir leben im Süßwasser und sind wirklich Allesfresser. Pflanzen sowie Tiere. Wer uns besuchen kommen will, der hat´s bequem. Wir sind immer in Deutschland und man kann uns zunehmend auch in Parks beobachten. Keine Ahnung, was eine Vorwarnliste ist und warum wir da drauf sind. Es gibt Dinge, die muss man nicht verstehen!“

Na? Haben Sie heuer abgestimmt? Wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm, aber die Vögel sind sehr interessant und es lohnt sich definitiv, sich über sie zu informieren!

Antonia Weishäupl (Text)
Karina Indre (Grafik/Titelbild)