Erschienen am 07.05.2021

Gastbeitrag von: Maya Neuenfeld

Überzüchtungen –

warum Tiere wegen unserer absurden Schönheitsvorstellungen leiden müssen

Man ist einsamer, öfter zuhause, hat mehr Langeweile: alles Folgen von Corona. Was könnte man tun? Sich ein Haustier zulegen.

Viele Menschen entscheiden sich momentan dazu. Bleibt nur noch die Frage, was für eins?

Katze, Kaninchen, Meerschweinchen, Hund und vieles mehr steht da zur Auswahl. Besonders beliebt sind Hunde. Die Züchter werden quasi überrannt, so viele haben sich jetzt (oft leider ziemlich spontan) für den Kauf eines am besten reinrassigen, süßen Hundewelpen entschieden. Doch es ist wichtig, sich vorher über die Eigenschaften und Bedürfnisse der verschiedenen Rassen zu informieren. Denn Hund ist nicht einfach Hund, es geht von Chihuahua über Rottweiler und Mops bis hin zum Dobermann. Ich denke, Sie würden mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass diese gezüchteten Arten kaum noch eine Ähnlichkeit mit der ursprünglichen Tierart aufweisen. Bis auf vier Beine, zwei Augen und zwei Ohren natürlich.

 

Gezüchtet – was heißt das eigentlich?

Im Prinzip ist es eine von uns Menschen erfundene Methode, durch kontrollierte Paarungen von Tieren die erwünschten Eigenschaften zu verstärken bzw. die unerwünschten Eigenschaften zu unterdrücken. „Hört sich doch eigentlich ganz gut an“, denken Sie jetzt vielleicht. Tja, falsch gedacht. Diese Züchtungen könnten natürlich auch gut für die Hunde sein. Sind sie nur leider selten. Meist spielt nur das Aussehen eine Rolle.

 Der Mops zum Beispiel -  süße, große Augen und eine niedliche platte Schnauze – was sollte daran schlimm sein? Sogar das Röcheln und Schnaufen der kleinen Hunde wird mit „Oh, wie süß“  kommentiert. Kann man denn von einem gesunden Verstand nicht erwarten, zu verstehen, dass Röcheln, Schnaufen und Schnarchen irgendwas mit Atemproblemen zu tun haben muss? Eigentlich müsste doch schon allein logisches Denken ausreichen, um zu wissen, dass es bei so einer platten Schnauze nicht möglich sein kann, die normale Menge an Luft ein- und auszuatmen.

 

https://pixabay.com/de/photos/mops-hund-pug-haustier-niedlich-943499/, zuletzt aufgerufen am 07.05.21

 

Übrigens sind Hunde bei Weitem nicht die einzigen Tiere, die von den Menschen, also von uns, zu ihrem eigenen Nachteil überzüchtet werden. Können Sie sich vorstellen, dass es Katzen gibt, die KEIN Fell haben? Ja, es gibt sie. Logischerweise leiden diese sogenannten „Nacktkatzen“ dann sowohl an Unter- als auch an Überhitzungen. Warum so etwas nicht einfach verboten wird?

 

Gute Frage. Eigentlich sind Qualzuchten, also das Anzüchten von Merkmalen, welche Beschwerden für die Tiere mit sich bringen, sowieso nicht erlaubt (Tierschutzgesetz §11b). Aber ab wann kann man überhaupt von einer Qualzucht sprechen? Zählt es da überhaupt schon dazu, wenn ein Hund wegen seiner langen Ohren stolpert? Oder ist es dann vielleicht egal, wenn er schon im Welpenalter an Hüftproblemen leidet, weil es als schön empfunden wird, dass sich sein Rücken nach hinten immer mehr neigt? Und genau da liegt das Problem. Es hat wohl keiner für nötig befunden, eine klare Grenze festzulegen, was genau eigentlich als Qualzucht zählt. Die Züchter haben also freie Bahn. Und das nutzen sie auch aus.

Bei Hunden mit großen Augen werden diese noch größer gemacht; kleine Hunde werden noch kleiner; Hunde mit viel Fell bekommen noch mehr Fell; Hunden mit langen Beinen werden noch längere Beine angezüchtet. Dieser ganze Aufwand würde sich aber sicherlich nicht lohnen, wenn es nicht jemanden geben würde, der diese Tiere auch für viel Geld kauft, oder?

 

Und da kommen wir ins Spiel.

Natürlich könnten wir sagen, wir hätten damit nichts zu tun und die Züchter wären die „Bösen“. Das stimmt nur leider nicht. Wenn wir diese Tiere nicht so toll fänden und sie nicht immer wieder kaufen würden, warum sollten sie dann gezüchtet werden? Leider suchen die meisten Menschen ihre Haustiere tatsächlich nur nach dem Aussehen aus. Bei dem Aspekt der Gesundheit der Tiere ist es dann, wie bei so vielen Dingen, häufig nur Unwissenheit. Oder aber, und das finde ich deutlich schlimmer, Ignoranz. Aber Ignoranz ist nun mal die einfachste Methode, um Problemen aus dem Weg zu gehen. Diese Bevorzugung des Aussehens wird natürlich durch Schönheitswettbewerbe für Tiere nur noch gefördert. Dabei sehen die meisten Hunderassen, die extra nach diesen „Schönheitsmerkmalen“ gezüchtet wurden, meiner Meinung nach nur noch deformiert aus!

 Bei dem Ziel, den perfekten Hund oder die eleganteste Katze zu züchten, kommt es aber leider nicht nur zu äußerlichen Veränderungen. Sowohl die Reflexe, die Bewegungsfreiheit als auch die Psyche der Tiere leiden darunter. So kommen die berühmten Aggressionen des Dobermanns beispielsweise nur daher, dass sein Kopf im Vergleich zum Körper so klein ist, dass das Gehirn nicht mehr unter die Schädeldecke passt und er schreckliche Kopfschmerzen bekommt. Und ja, all das haben wir Menschen geschafft. Und der Großteil ist sich dessen noch nicht einmal bewusst!

 Ich kann Ihnen nur sagen, lieber Leser, was sich hinter dem Aussehen der Tiere verbirgt, können wir nicht sehen, aber jeder einzelne von uns kann dazu beitragen, dass die Nachfrage nach überzüchteten Tierrassen sinkt.

Und da gehören Sie auch dazu.